Interview SPEZIAL zur Corona-Krise: Teylor im Gespräch mit Strategieberater Hans-Peter Neeb

Die Corona-Krise betrifft vor allem auch kleine und mittelständische Unternehmen. Teylor sprach mit Hans-Peter Neeb, Strategieberater für den Mittelstand und Partner bei der STRATECO GmbH & Co. KG, über die Krise.

Hans-Peter Neeb ist seit 20 Jahren als Strategieberater tätig. Im Laufe seiner Karriere hat er sowohl Großunternehmen wie Siemens als auch etliche Mittelständler beraten. Heute berät er als Partner bei STRATECO Firmen bezüglich ihrer strategischen Ausrichtung und ist im Mittelstandsnetzwerk des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft in der Wirtschaftsregion Rhein-Main aktiv.

Herr Neeb und Lukas Hofer von Teylor sprechen über die wirtschaftlichen Risiken der Corona-Krise für Mittelständler, Geschäftsstrategien für die nächsten Wochen und Monate und die Chancen dieser Krise für die Digitalisierung.

Das Coronavirus dominiert die Nachrichten. Auch mittelständische Betriebe werden von den wirtschaftlichen Folgen erfasst. Wo sehen Sie derzeit für den deutschen Mittelstand die größten Gefahren?

Die unmittelbaren Rückmeldungen, die wir erhalten, zeigen, dass den Unternehmen die Aufträge und die Kunden wegbrechen. In einigen Branchen ist das besonders stark ausgeprägt, z.B. in der Hotelbranche und Messeindustrie.

Auf der anderen Seite verändern sich gerade auch die Lieferketten, weil Lieferungen stocken oder Lieferanten sogar ausfallen. Zusätzlich können die Mitarbeiter nicht so weiterarbeiten wie vorher. In den kaufmännischen Bereichen wird viel auf Homeoffice zurückgegriffen. In Bereichen der Produktion versucht man anders zu strukturieren, Kontakte zu reduzieren, Abstände einzuhalten und separate Gruppen zu bilden.

Dadurch finden gravierende Veränderungen in unterschiedlichen Bereichen der Unternehmen statt. Jetzt sind schnelle Anpassungen dringend erforderlich und Kreativität beim Suchen nach neuen Lösungen gefragt. Die Geschäftsführer und Mitarbeiter sind aktuell sehr gefordert. Eine ähnliche Situation hat keiner der derzeit Verantwortlichen so je erlebt. Wir werden noch in Jahrzehnten davon berichten. Mal sehen wie es ausgehen wird.

Wie sollten sich Mittelständler jetzt auf die nächsten Monate vorbereiten, um Risiken zu vermeiden?

Wenn die Umsätze abrupt eingebrochen sind, ist sofortige Kostenkontrolle entscheidend, das heißt vor allem Kostenreduktion und Cash-Management. Das kann z.B. das Beantragen von Kurzarbeit, Stunden von Sozialabgaben oder das Aussetzen der Gewerbesteuer bedeuten.

Gegebenenfalls ist es auch notwendig neue Lieferketten und Lieferanten ausfindig zu machen, die weiterhin lieferfähig sind. Manche Betriebe können außerdem auf jetzt benötigte Angebote und Produkte umschwenken, sofern dazu die Möglichkeit besteht.

Besonders wichtig ist auch, die eigenen Mitarbeiter zu schützen. Dazu können Firmen zum Beispiel getrennte Gruppe innerhalb der Abteilungen bilden und Homeoffice einrichten, wo es möglich ist.

Einer der Fokusbereiche der Strateco GmbH ist die Vertriebsberatung sowie das Customer Relationship Management. Wie sollten Mittelständler das in der Krise angehen? Wenn man Kunden nicht mehr persönlich treffen kann, wie hält man die Kundenbeziehung aufrecht und verkauft seine Produkte?

Momentan kommt es darauf an, sich auf die Bestandskunden zu konzentrieren und ganz dicht bei den Kunden zu sein. Man ist Partner im Guten wie im Schlechten. Die Qualität von Beziehungen zeigt sich jetzt. Wie kann man den Kunden helfen? Was können und müssen wir jetzt tun, damit uns nach dem Ende der Krise nicht wesentliche Dinge auf die Füße fallen.

Zudem ist wichtig, dass Mitarbeiter, wenn möglich, effizient aus dem Homeoffice arbeiten können. Dazu muss man die technischen und organisatorische Aspekte klären. Wie kommt man zusammen? Wie koordiniert man Prozesse und schafft man möglichst reibungslose Abläufe? Die Erfahrung bestätigt aber auch, dass Vieles digital-virtuell abbildbar ist. Die Hürde ist eher im Kopf als in der praktischen Umsetzung.

Es zeigt sich jetzt, wie Digitalisierung real funktioniert und wie effektiv sie tatsächlich ist. Viele machen jetzt zum ersten Mal (wirklich) Erfahrungen mit Videokonferenzen und den verschiedenen digitalen Möglichkeiten. Sie stellen fest, dass das nicht nur funktioniert sondern sogar richtig gut läuft. Diese Erfahrung und diese Erkenntnis sind wichtig und auch notwendig. Es ist dadurch auch möglich, die Beziehungen zu Kunden aktiv aufrecht zu erhalten und nutzbringend zu pflegen.

Werden digitale Technologien auch nach der Krise weiterhin stärker genutzt werden als bisher?

Ja, das sehen wir jetzt bereits nach wenigen Tagen. Plötzlich ist es üblich, dass man per Online-Mittel und Video-Medien miteinander in Kontakt bleibt. Man tauscht sich aus, sei es im 1:1 oder in Team-Runden. Wir lernen und wir erleben das Neue gerade - und es funktioniert. Berührungsängste werden abgebaut und man macht sich mit den Möglichkeiten digitaler Tools vertraut. Wir erreichen durch die Corona Krise einen neuen Digitalisierungsreifegrad, weil es gerade nicht anders geht. Das wird uns auch langfristig erhalten bleiben.  

Sie sind in der Bankenmetropole Frankfurt am Main zuhause. Können Banken durch die Krise zum Umdenken gezwungen werden und in Zukunft verstärkt auf digitale Angebote setzen?

Gerade bei den Banken und öffentlichen Einrichtungen spielt Digitalisierung jetzt eine wichtige Rolle, die auch für das Überleben der Unternehmen wesentlich ist.

Wir nehmen mal die Förderanträge als Beispiel. Momentan werden diese Anträge noch überwiegend manuell ausgefüllt, dann müssen die Daten in die Systeme übertragen werden und eigentlich sollte danach eine Rückmeldung und Nachverfolgung für den Antragsteller erfolgen. Letzteres ist leider derzeit oft nicht der Fall, weil die Anlaufstellen mit administrativer Arbeit überlastet sind.

Wenn Anträge nicht zügig bearbeitet werden und man keine sofortige Rückmeldung erhält, kann das für Unternehmen gefährlich sein. Oft kommen Anträge dann erst Tage später zurück, weil sie nicht korrekt oder unwissend unvollständig ausgefüllt wurden. So geht überlebenswichtige Zeit verloren. Im Rahmen des Risikomanagements wären für solche einfache Vorgänge eine vollständige Digitalisierung erforderlich. Nur so haben auch Banken und Behörden einen aktuellen, transparenten Überblick und können agieren.

Die Frage würde ich sogar allgemeiner über die Bankenbranche hinaus beantworten wollen. Wer jetzt noch nicht ausreichend digitalisiert hat, der wird es schwer haben die Krise zu bestehen. Es ist eigentlich tragisch, dass erst ein Virus kommen musste, um von der Notwendigkeit der Digitalisierung zu überzeugen. Hätte man sich vor Jahren eher auf die Digitalisierung vorbereitet, wären nun auch die Reibungsverluste bzw. Aufwände dafür nicht so hoch, um das nun ad hoc innerhalb weniger Tage nachzuholen.

Hier können Sie mehr über die Arbeit und das Beratungsangebot von STRATECO erfahren.